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Was ist denn schon besonderes an einer Bootstour von der Malche zu den Lychener Gewässern? Na ja, ich bin Tourenneuling, habe mir die Mastlegevorrichtung für meine Dufour T6 selbst gebaut und bin mit einem Elektromotor unterwegs gewesen. In insgesamt 11 Tagen 22 Schleusen bewältigt – da schafft man es auch ohne Taschenrechner den Tagesschnitt herauszubekommen. Auf dem Hinweg mit Frieder Damm, einem Segelfreund von der nahen Nereus Marina, der auch einen Propulsion Spirit 1,0 E-Motor hat. Ich durfte auf der ganzen Tour seinen Akku als „Reservetank“ nutzen. Bei durchschnittlicher Fahrt mit 200 Watt (knapp 3 Knoten) macht das bei einer Akku-Kapazität von insgesamt 2 Kilowatt 10 Stunden Bewegungsfreiheit, etwa 25 Meilen Reichweite.


In Himmelpfort kam meine Frau Brigitte an Bord. Nur ein Kompromiss konnte sie von der „Campingtour auf dem Wasser“ überzeugen: zwei Tage im Hotel übernachten, zwei Tage an Bord. Zum Schluss hat sie besser auf dem Boot als im Hotel geschlafen. Bis zur Rückfahrt hatten wir bestes Sommerwetter. Dann stieg Jörn Thiessen ins Boot. Ok, er brachte nicht nur das schlechte Wetter mit, sondern auch ein bisschen Proviant. Den brauchten wir auch, weil wir es nicht bis zu Landestellen mit Gastronomie schafften. Wir saßen genau in dem Streifen Unwetter, der Ende August zwischen Bredereiche und Zehdenick sein Unwesen trieb.

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Zuerst kam das Gewitter. Noch ein bisschen entfernt, aber nicht wirklich gemütlich auf einem Segelboot, auch wenn der Mast gelegt war. Hinter der Schleuse Schorfheide rückte es uns ganz dicht auf den Pelz. Dazu kam der Starkregen. Viel sehen konnte ich nicht mehr. Die Brille hatte ich längst abgenommen. Als dann die Windböen direkt von vorn kamen und das Boot bei aufgedrehtem E-Motor ins Schilf abtrieben, war es auch mit der optimistischen Gelassenheit von Jörn zu Ende. Wir suchten Zuflucht in einen Abstecher Richtung Templiner Gewässer. Unsere Karte zeigte einen Biwakplatz mit Gastronomie an. Reste vom Biwakplatz waren noch vorhanden. Wir zogen das Boot auf den Strand und ich machte mich bei strömendem Regen auf in Richtung Kneipe, die einmal vielversprechend „Gaststätte Berlin“ hieß. Denn wir brauchten Strom für den nächsten Tag.


Die Kneipe war verlassen, so verlassen, dass dort sofort ein Tatortkrimi gedreht werden könnte. Doch es brannte Licht in dem angrenzenden Wohnhaus. Keine Klingel, aber mein Klopfzeichen an der Eisentür wurde erhört. Ein freundlicher Mann erschien und zeigte sich aufgeschlossen, den leergefahrenen Akku über Nacht an seine Steckdose zu nehmen. So ist es uns die ganze Tour ergangen. Unter all den Motorbootfahrern mit hermetisch abgeschlossener Plastik-Kuchenbude am Heck, Hausbooten mit wahlweise Klimaanlage und/oder Heizung und großen Segelyachten mit fettem Dieselstinker war ich mit dem etwas in die Jahre gekommenen Segelboot und dem im Baumarkt erstandenen „Toten Mann“ so etwas wie der Hippie unter den Bootstouristen. Viel Sympathie schlug uns mit den E-Motor entgegen. Niemand verwehrte sich unserer Bitte nach etwas Strom.

 

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Von welchen besonderen Erlebnissen kann ich sonst noch erzählen? Also gut, die erste Schleuse mit Brigitte wäre fast unsere letzte gewesen. Brigitte war genervt von der nervösen Stimmung mit dem Charter-Havaristen, der mit Tau in der Schraube quer im Schleusenbecken trieb. Wir legten an einem hochglanzpolierten Verdränger im Päckchen an, dem wir uns nicht einmal mit dem Bootshaken an der Klampe nähern durften. Die Frau gab uns entsetzt zu verstehen, dass jedwede mögliche Kratzerwahrscheinlichkeit einem Totalverlust gleichkäme. Dazu kam der Padler, der immer genau dort herumgurkte, wo es am engsten zuging. Natürlich hat sich dann noch der verdrießlich dreinschauende Kapitän des
größten Motorbootes beim Raufschleusen festgehakt. Nur ein Schnitt mit dem scharfen Messer konnte mit einem ziemlichen Ruck plus Wellenschlag größeren Schaden verhindern. Ich musste ihr versichern, dass es auch netter in Schleusen zugehen kann.


So zum Beispiel als wir Andrew und Nicki bei einer Schleusung mit ihrem fast 20 Meter langen Boot im Stil eines kleinen Frachters kennenlernten. Seit 5 Jahren lebt das englische Ehepaar bereits auf dem Wasser in Europa und will am liebsten niemals wieder den Ärmelkanal zurück nach England überqueren: „UK is a mess.“ Sie zeigten uns ihr gemütliches Eigenheim. Folgen kann man ihnen auf www.shensiblog.com. Und was war nun mit Segeln? Nicht viel, ein bisschen auf dem Stolpsee und dann ganz allein auf den letzten Meilen auf dem Nieder-Neuendorfer See. Es war trotzdem eine herrliche Tour mit tollen Gesprächen und viel Lachen. Das kleine Abenteuer liegt so nah, nur ein paar Schleusen nördlich von Berlin.

 

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Das kleine Abenteuer nördlich von Berlin

 

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