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223 sm– Hanse 292 – 9. bis 11. Oktober 2022

Nach dem Frank und ich in diesem Jahr schon eine Woche Segelurlaub im September mit Rund Rügen unternommen hatten, ergab sich für mich nochmals eine Gelegenheit auf der Ostsee zu segeln mit Vorbeifahrt an Kap Arcona, fast 4 Wochen nach unserem einwöchigen Charterurlaub – diesmal entgegengesetzt von West nach Ost.

Aber fangen wir vorn an: Unsere Nachbarn – Astrid und Jens -teilten uns im September freudig mit, dass sie sich in Kiel eine Hanse 292 gekauft haben, welche nun noch nach Berlin überführt werden müsse. Bei der Überführungsfahrt benötigen sie Hilfe, sodass wir als Ihre Nachbarn ins Spiel kamen. Da ich ja nun immer gern Erfahrungen sammle und auch dem Wetter nicht trotze, haben Frank und ich mich abgestimmt, ob ich mit machen solle, was mit Zustimmung endete - Ich werde im Oktober auf der Ostsee segeln.

Skipper Jens stellte die Crew zusammen: Jens und Astrid als Bootseigner, Carlo aus Hamburg mit viel Erfahrung, so wie ich Mitfahrt bis Stettin, sowie Patti – Vereinskollege von Jens und Astrid im Verein Schmöckwitzer Segler e.V. VSS. und Mitfahrer der gesamten Strecke bis Berlin incl. Kanalfahrt- und Schleusen. Es war angedacht die Strecke von Kiel bis Stettin – ca. 200 sm - unter Beachtung der Wetter und Windverhältnisse ohne Zwischenhalt also mit Nachtfahrt - zügig durchzusegeln, so dass Frank uns- Carlo und mich - in Stettin nach 3 max. 4 Tagen – spätestens Mittwochabend mussten wir in Berlin sein – einsammeln würde. So der Plan.

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Nach Zusammenstellung der Crew waren wir also 3 Männer und 2 Frauen. Wobei sich Astrid auf Grund Ihrer geringen Erfahrung und eingeschränkten Mobilität (hatte sich im März Handgelenk gebrochen mit späten Nachfolgen) nicht als vollwertiges Crewmitglied in Sachen tatkräftige Hand und Nachtwache etc. eingestuft sehen wollen. Mit der 5er Crew hieß es aber auch von vornherein, viel Platz ist nicht auf der kleinen Hanse! Wir waren aber nicht im Urlaub, also passte es .
Vor Abfahrt wurde das Wetter täglich beobachtet und ausgewertet und wir hatten Glück, denn Wind und Wetter müsste passen. Laut Vorhersagen Westwind Sonntag und Montag, drehend auf Süd bis Südost ab Dienstag; sonnig, Wind 4 bis 5 Bft tw 6 Bft, Temperaturen am Tag 12 bis 15 Grad u Nachts 8 bis 10 Grad.

Für mich war die Nacht vor der Abfahrt besonders kurz – Samstag Arbeitseinsatz im Verein, abends beim Konzert in Potsdam im Waschhaus und dann früh gegen 02:30 Uhr raus aus den Federn. Aber wir sind nicht immer bei Wünsch Dir was und ich wollte es ja so ;-).

Am Sonntag den 9.10. morgens um 03 Uhr startet wir zu viert mit dem Auto die Fahrt nach Hamburg. An Schlafen war im Auto nicht zu denken, da auch hier Details in Bezug auf notwendige Arbeiten und die Überfahrt gesprochen wurden. Außerdem begleitete uns während der gesamten Fahrt bei klarer Himmel der fas Vollmond bis zum Zwischenstopp nach Hamburg. In Hamburg holten wir das 5. Crewmitglied – Carlo - ab und nutzen den Zwischenstopp um 6 Uhr bei ihm ein kleines Frühstück mit aufgebackenen Brötchen und frischem Kaffee zu uns zunehmen. Ein sehr toller Service von Carlo.
Carlo und Jens kennen sich ihrer Jugendzeit aus Hamburg und segelten zusammen bei vielen Regatten. Die Erfahrungen von Carlo, welcher in Wedel sein Folkeboot Nr 57 zu liegen hat, werden uns auf unserer Überführung sehr von Nutzen sein.
Nach kurzer Stärkung legen wir zu 5. die Fahrt im Auto zum Olympiahafen Schilksee zurück.

Angekommen um 8 Uhr mit Sonnenaufgangsstimmung wurde das vollbeladene Auto ausgeladen und alle mitgebrachten Sachen, Ersatzteile, Schlafsachen sowie Lebensmittel und Getränke für 6 Tage und 5 Personen verstaut. Nun begann erstmal die Verteilung der noch zu erledigen Aufgaben:
Vor Antritt der Fahrt musste noch folgendes erledigt werden: Proviantieren und verstauen aller Sachen, Rettungsmittel anbringen; Rigg prüfen und einstellen, Kraftstoff auftanken, Vorsegel wechseln: Fock gegen Genua, alles Seefest machen, Navigationsgeräte installieren sowie zum Schluss Einweisung vom Skipper Jens für uns Crewmitglieder.

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Gegen 11:30 Uhr bei strahlendem Sonnenschein und 15 Grad Lufttemperatur konnten wir die Leinen losmachen und die Überfahrt mit erstem Ziel Swinemünde begann. Nach Auslaufen aus dem Hafen wurden bei 3 Bft die Segel gesetzt – Groß und Genua - Kurs 085°, Wind Halb- bis Raumwind.
Nach kurzer Abstimmung, denn wir wollte etwas mehr Fahrt aufnehmen, Genua runter und Spinnaker raus. Sonnenschein und blaues Segel – einfach genial.

Zeit zum Verschnaufen. Das Wetter lockte recht viele Segler an diesem Sonntag noch aufs Wasser. Langsam konnten wir die Fahrt genießen. Waren nun schon 8 Stunden auf den Beinen! Aber die Fahrt mit Spinnacker dauert nur kurz, denn der schöne blaue Spi fällt runter ins Wasser. Schnell bergen und die Ursache finden: Knoten am Schäkel aufgegangen und damit Spifall im Mast. Keine Chance mehr das schöne blaue Segel zu nutzen , also Spi einpacken und weiter mit der Genua und Groß über die Kieler Bucht mit Ziel Fehmarnsundbrücke, Kurs weiter 085°, kaum Änderung der Segelstellung: Groß Backbordbug ca. 35 sm. Weiter bei Sonnenschein und angenehmen Wind – durchschnittliche Geschwindigkeit 5,1 kn.
Zeit für eine warme Mahlzeit: Hühnersuppe mit Nudeln aus der Dose werden erwärmt, belegte Brote verspeist sowie warmer Tee und Kaffee getrunken. Die Stärkung tat gut!

2 sm vor der Fehmarnsundbrücke schläft der Wind – wie vorhergesagt - etwas ein und wir Motoren zur und durch die Fehmarnsundbrücke und genießen gegen 18:30 Uhr den herrlichen Sonnenuntergang.
So kann der Tag ausklingen und die Nachfahrt beginnen. Im Heck die untergehende Sonnen und vor dem Bug ein einmaliger toller Mondaufgang.

Nach dem passieren der Fahrrinne werden bei 3 – 4 Bft die Segel wieder gesetzt – Groß und Genua und bei Halb- bis Amwindkurs – Kurs 085° später 050° wird Richtung Kap Arcona gesegelt. Laut Wettervorhersage sollte im Lauf der Nacht der Wind zunehmen, also Auchtung.

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Es wurde die Nachtwache von ca 3 Stunden mit jeweils 2 Personen eingeteilt: Carlo und Patti übernehmen den ersten Teil. Somit wollten Jens und ich mich versuchen unten etwas hinzulegen. Aber der Wind nimmt schon nach 30 Minuten kräftig zu (5 Bft in Böen 6 Bft) und dreht auf Süd, sodass wir das Vorsegel wechseln: unter Deck Fock klarmachen mit Einziehen der Segellatten (alles ganz schön beengt unter Deck); Carlo nach vorn und Genua runter; Fock anschlagen und setzen; Genua in der Hundekoje verstauen; das Groß reffen -gleich 2. Reff. Trotzdem bleiben wir bei 5 bis 6 Knoten Fahrt und guter Krängung.

Astrid machen Wind, Welle sowie die Bootslage und Ihre Anspannung zu schaffen und ist mit Übelkeit und Übermüdung überfordert. Mit Widerwillen aber Erfolg bringen wir sie unter Deck und überzeugen wir sie zum Hinlegen im Salon. Der ersehnte Schlaf folgt schnell!
Jens und ich versuchen auch noch etwas zu ruhen, aber mit wenig Erfolg.
Bei der Überfahrt verspüren wir eine einmalige Stimmung: wolkenloser Nachthimmel und Vollmond verbreiten eine einzigartige Atmosphäre an Bord.

Da sich auch die Männer bei der Bootslage (20 bis 30 % Krängung) lieber an Deck als unter Deck aufhalten, wir aber versorgt werden müssen, werden von mir unter erschwerten Bedingungen fürs allgemeine Wohl Brote geschmiert und warme Getränke zubereitet. Jeder WC Gang wird wohl überlegt, da dies eine große Herausforderung auf Grund Größe der WC Kabine und Krängung des Bootes darstellt – WC auf Backbordseite mit dauerhafter Backbordkrängung – genial!
Wachwechsel gegen 23 Uhr; Kurs und Segelstellung unverändert und wir fahren weiter durch die vom Vollmond sehr helle Nacht mit Sichtung der Windparks, regem Schiffsverkehr auf den Fährverbindungen, dem Verkehrstrennungsgebiet und der Kadetrinne, Begegnungen von anderen Seglern sowie im Laufe der Fahrt Queren der Strecke Travemünde <-> Rostock/Gedser. Die Nachtwache vergeht wie im Fluge, zu viel zu sehen und zu beobachten. Windrichtung und Stärke bleiben unverändert. Gegen 4 Uhr wieder Wachwechsel, wobei wir zu viert weiter oben an Deck bleiben und die Nacht genießen.

Durch warme Kleidung und den warmen Getränken kommen wir gut durch die Nacht – Temperatur min. 9 Grad und gegen 6:30 Uhr begrüßt uns der Montag mit einem tollen Sonnenaufgang. Hier erreichen wir Hiddensee und steuern nun Kap Arcona an.

Wir checken nun nochmals die Wettervorhersagen und müssen Entscheidungen treffen, welchen weiteren Kurs wir fahren: Weiter bis Swinemünde Hart Am Wind – Wind kommt ab dem Kap aus Süd Südost mit 5 bis 6 Bft - mit ordentlich Welle und Kreuzen oder kurzer Zwischenstopp in Lohme. Nach Auswertung der Wettermodelle nimmt der Wind ab ca 16 Uhr auf Höhe Stubbenkammer (Sassnitz) ab und dreht auf Süd, damit auch Abnahme der Welle.

Die Entscheidung war schnell gefasst: Uns allen war nach einer Pause, Schiff aufräumen und warmes Essen, sodass wir von Kap Arcona mit Kursänderung und damit erstmaliger Änderung der Segelstellung durch 2 Kreuzschläge den Hafen von Lohme ansteuerten. Um 11:40 Uhr -also genau nach 24 Stunden und 135 sm Wegstrecke legen wir im Hafen von Lohme an.
Wir genossen einen ruhigen Gang zum WC, freuten uns auf eine warme Mahlzeit – Nudeln mit Tomatensauce aus der Dose – wie genügsam man doch wird -, frischen Kaffee und Tee und konnten im Schiff aufräumen:Spi trocknen und verstauen, Genua zusammenlegen und verstauen, unter Deck für die nächste Passage klar Schiff machen. Heißes Wasser kochen, so dass unterwegs Tee oder Kaffee getrunken werden kann.

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Nach nochmaliger Sichtung der Wetterlagen legten wir um 15 Uhr mit Ziel Swinemünde mit einer Wegstrecke von ca. 50 sm ab – berechnete Fahrtdauer ca 10 Stunden.

Auf Höhe Stubbenkammer konnten wieder die Segel gesetzt werden – Groß und Fock, natürlich wieder Backbordbug und Kurs 110 ° später 150°. Der Wind hatte noch nicht auf Süd gedreht, sodass Anfangs bei Wind aus Südost weiter Hart am Wind mit 1,5 Meter Welle gesegelt wurde, aber ab ca. 17 Uhr wurde es ruhiger und weniger Welle – Wind nur noch 4 bis 5 Bft. und aus Süden. Auch bei dieser Überfahrt hatten wir wieder viele Sonnenschein mit teilweise Wolken und angenehme herbstlichen Temperaturen von 12 Grad. Auf dieser 2. Strecke nach Swinemünde war weniger Verkehr als am Vortag.
Nach dem Sonnenuntergang teilen wir uns wieder etwas auf, da mit Ankunft in Swinemünde gegen 01 Uhr gerechnet wurde.
Ab Fahrrinne nach Swindemünde wurde es durch Regenschauer, kräftigen unerwarteten Böen (bis 6 Bft) und Gegenverkehr noch etwas abwechslungsreich, aber gegen 1:30 Uhr legten wir im 1. Hafen -Stadthafen – dann doch etwas erschöpft – am Fingersteg an. Ein Anlegebier für die Männer und ein Glühwein für die Frauen rundete diese Überfahrt ab.

Wir alle fielen um 2:30 Uhr müde und ohne Ölzeug zufrieden in die Koje und schliefen ohne uns durch Schlafgeräusche stören zulassen gut durch. Am Morgen - Dienstag - gegen 9 Uhr legten wir dann aber auch schon wieder ab und bereiteten uns unterwegs unser Frühstück. Bis Stettin waren es noch ca 37 sm, die nun auch noch geschafft werden sollten und wollten.

Bis Beginn Stettiner Haff wurde die Strecke unter Motor auf Grund Windmangel zurückgelegt, um dann wieder die Segel setzen zu können – Halbwindkurs mit Westwind – also Segel wieder auf Backbordbug.Bei Sonnenschein und 15 Grad ein wunderschönes Segeln bei 3 bis 4 Bft mit 6 Knoten Fahrt bis km 54 – kurz vor der Zufahrt Dammscher See. Dann hieß es zum letzten Mal auf diesem Schiff in diesem Jahr Segel bergen und motoren bis zur Marina Pogon. Hier legten wir um 17 Uhr an und freuten uns auf sanitären Anlagen und es erfolgreich geschafft zu haben.

Frank wurde von unterwegs unsere Ankunft in Stettin mitgeteilt, so dass er sich rechtzeitig für unsere Abholung von Berlin auf dem Weg machen konnte. Wir halfen noch beim Segelabschlagen, Baum demontieren und somit für die Vorbereitung zum Mastlegen am nächsten Morgen.

Damit die verbleibende Crew mit Astrid, Jens und Patti ausreichend versorgt sind, brachte Frank noch die bestellten Lebensmittel mit und lud Carlo und mich dann für den Rückweg ein. Wir fuhren gegen 19:30 Uhr nach Berlin und ich freute mich auf eine heiße ausgiebige Dusche.

Astrid, Jens und Patti ließen den Tag nach einer ausgiebigen Dusche ausklingen, legten am Mittwochmorgen den Mast und genossen die Kanalfahrt mit den bekannten Schleusen in Hohensaaten, dem Schiffshebewerk in Niederfinow – Schleusen im neuen Becken - und der Schleuse in Lehnitz mit Ziel Niederneuendorfer See –Verein Schmöckwitzer Segler bei schönem Wetter - Ankunft am Donnerstagabend in ihrem Segelverein gegen 18:30 Uhr

Mein Fazit: ein sehr schöner Abschluss fürs Segeln 2022; einmaliges tolles Erlebnis auf der Ostsee bei Vollmond segeln, über 50 Stunden fast ohne Halt unterwegs; viel Spaß und Erfahrungen mit einer tollen Crew.
Für mich Immer mehr Freude auf das große Vorhaben von Frank und mir.

Gesamtstrecke 223 sm davon 175 sm segeln, 48 sm motoren Fahrtzeit 2 ½ Tagen bzw ca 56 Stunden auf dem Wasser unterwegs.

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